Das 1916 für die Frauenhilfe des Evangelisch-Kirchlichen-Hilfsvereins (EKH) Potsdam gebaute
Haus wurde 1945 von der Sowjetischen Militäradministration
in Deutschland (SMAD) requiriert
und als Untersuchungsgefängnis für die sowjetische
Spionageabwehr umgebaut. Bis 1953 waren in der
Leistikowstraße 1 nachweislich auch Deutsche inhaftiert,
bis 1983 sowjetische Militärangehörige.
Seit 1994, nach dem Abzug der letzten russischen
Truppen und Geheimdiensteinheiten, ist das Gefängnis
für die Öffentlichkeit zugänglich.
Die ausgestellten Biografien verdeutlichen die
Willkür, mit der nach Ende des 2. Weltkrieges
Deutsche in der Sowjetischen Besatzungszone
(SBZ) verhaftet und verurteilt werden konnten.
Nach den Besatzungsbefehlen von 1945 stand zunächst
die Verfolgung von NS-Verbrechern im
Vordergrund. Die Auslegung der Alliierten-Abkommen
blieb den Besatzungsmächten überlassen. Ab
1946 wurden zunehmend Verhaftungen aufgrund
von tatsächlicher oder vermuteter Spionage oder
antisowjetischer Agitation durchgeführt. Allein der
Kontakt nach Westdeutschland oder z.B. die Weigerung von Jugendlichen, in der Schule Russisch
zu lernen, genügten, um verdächtig zu sein. Todesurteile
oder Haftzeiten von bis zu 25 Jahren
wurden bis in die 50er Jahre hinein von sowjetischen
Militärtribunalen verhängt. Dies ist ein
wenig bekanntes Kapitel der deutschen Geschichte.
Auch das Schicksal sowjetischer Soldaten, die in der
DDR stationiert waren und hier verurteilt wurden, ist
weitgehend unbekannt.
Grundlage dieser Ausstellung sind die Interviews
mit 28 deutschen Häftlingen sowie Aufzeichnungen
und Dokumente von sechs sowjetischen Häftlingen.
Ihre Verhaftung, die Urteile, die Verlegung in
unterschiedliche Straflager sowie Zeiten und
Gründe ihrer Entlassung sind Inhalt dieser Ausstellung.
Es sind Einzelschicksale. Sie stehen
jedoch beispielhaft für das Schicksal Hunderter
bzw. Tausender Gefangener. Die Gesamtzahl der
Inhaftierten in der Leistikowstraße 1 ist nicht nachweisbar.
Soweit bekannt, ist die Leistikowstraße 1
das einzige erhaltene KGB-Gefängnis in Deutschland,
in dem über die sowjetische Repressionspolitik
informiert wird.